Mittwoch, 27. Oktober 2010

Europäische Frauenbildnisse...

... aus fünf Jahrhunderten werden in diesem kleinen Buch präsentiert. Die Porträts sind alle in schwarz-weiß gehalten. Wer mag - und einige der von mir ausgewählten Gemälde werdet ihr sicher (wieder)erkennen - kann sich ja einmal vorstellen, welche Farben vom Künstler verwandt wurden, bevor er nach farbigen Originalen schaut.

Jan Vermeer van Delft
geboren 1632 in Delft, gestorben 1675 ebenda
Der rätselhafte Delfter Vermeer ist die feinste Blüte der holländischen Wirklichkeitsmalerei. Seine Bilder haben die denkbar einfachsten Vorwürfe, es gelingt ihm, das Seltene im Vertrautesten zu sehen. Alles scheint so natürlich und ist dabei so kunstvoll gefügt wie edle Musik. Die Mittel dieser Malerei sind verborgen und schwer verständlich, sonst würden nicht immer wieder so alberne Fälschungen geglaubt werden.

Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge (1660)
Das berühmte Bildnis ist wirklich und unfaßbar zugleich. Es schwebt in Elfenbein, Gold und Blau, vollkommen wie ein Gebilde der Natur. Ein Mädchen und eine Perle.


Jean Auguste Dominique Ingres
geboren 1780 in Monteauban, gestorben 1867
Als Schüler (Jaques Louis) Davids stellt Ingres gegen dessen einfachen plastischen Stil eine spätere, kunstvollere Stufe des französischen Klassizismus dar, die das Lineare und Flächige bevorzugt. Im Anschluß an Raffael und die Antike (bei der Gestaltung der Einzelheit auch von Holbein und den Niederländern beraten) wird er zum Hüter und Erhalter der klassischen Tradition, der reinen, vernünftigeren Form und zum Ausgangspunkt aller ähnlich gerichteten Bestrebungen. Er ist ein großer und besessener Zeichner und wie David ein bedeutender Lehrer.

Madame Devaucay (1807)
Ingres vereinigt in seinen Porträts strenge Stilkraft mit äußerster Gewissenhaftigkeit gegenüber der Natur. Nichts ist zufällig, aber es ist auch nichts willkürlich. Unser Beispiel zeigt einen erlesenen Aufbau aus Kurven und Schrägen, über denen frontal in kunstvoller Verlagerung der Bildachse der feine Kopf thront.

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Theodore Chassériau
geboren 1819 in San Domingo, gestorben 1856 in Paris
Chassériau, Lieblingsschüler von Ingres, ist ein frühreifes und frühvollendetes Talent. Von dem Klassizismus seines Lehrers ausgehend, aber von ANbeginn weicher und weniger konsequent, nähert er sich schließlich der Romantik des Delacroix.

Die Schwestern des Künstlers (1843)
Unser Doppelpoträt zeigt alle Vorzüge der Ingres-Schule und daneben den feinen exotischen Einschlag des jungen Meisters. Besonders geistvoll ist es, wie die Geschwisterähnlichkeit durch eine einfache aber wirksame Komposition betont wird.